Kapitel 13 aus dem CHANGE JOURNAL »
Der Schreibtisch brennt, der Partner fragt zum sechsten Mal, wo du bleibst, die Jungs schicken die nächste lustige SMS aus der Bar, die Mutter fragt, wie es mit Kaffeetrinken am Wochenende aussieht, der Chef reicht das Briefing für die Nachtschicht rein – stop.
Ich sehe da ein paar ideale Momente, um ein höfliches und bestimmtes Nein zu platzieren. Doch was gibt es stattdessen? Floskeln mit gespielter Freundlichkeit und einer Stimme, der man anhört, dass sie sich nicht wehren kann: „Okay“, „Ja klar“, „Aber nur, weil du es bist“, „Kein Problem“.
Warum kommt vielen ein Nein so schwer über die Lippen? Warum ist das geradezu eine Kunst, die viele Menschen nicht beherrschen?
Einfach ausgedrückt: Es passt nicht zum Selbstbild.
Man möchte hilfsbereit sein, positiv, dem anderen zugewandt. Da passt ein Nein nicht. Mit einem Nein fürchtet man, die Person zu enttäuschen. Nein ist Absage. Nein signalisiert Ablehnung. Nein macht unbeliebt. Denkt man.
Und das macht vielen sehr zu schaffen.
Auch auf der taktisch-praktischen Seite lauern Bedenken: Vielleicht brauche ich die Unterstützung des anderen auch mal, dann habe ich mit einem Ja bessere Karten (obwohl ich gerade eigentlich keine Lust auf Umzug habe). Oder man lässt sich unter Druck setzen und gibt nach (hey, ich brauch mein Auto eigentlich selbst, aber okay). Oder man setzt im Job das Ja ein, um ein gutes Klima zu faken (Mann, ich hab gerade null Zeit und du bist eh ein Blödmann).
Bei aller teils ehrlichen, teils gespielten Freundlichkeit ist die Gefahr groß, dass diese Rechnung nicht aufgeht: Rücksichtslosigkeit findet die Menschen, die nicht Nein sagen können, immer! Es ist zwar nicht nett, kommt aber oft vor, dass die Unfähigkeit zum Nein schamlos ausgenutzt wird, selbstverständlich ohne Revanche. Und dass sich das rumspricht und weitere nachziehen, ist sehr wahrscheinlich. Enttäuschungen sind vorprogrammiert.
Das Gute: Das muss gar nicht schwierig sein. Und es muss sich schon gar nicht negativ auf deine Beziehung zu anderen Menschen auswirken. Im Gegenteil, ein höfliches, ehrliches Nein ist eine klare Ansage. Damit kann man arbeiten. Besser wegbleiben als genervt und halbherzig mitmachen. Das würdest du bei anderen doch auch akzeptieren, wenn nicht sogar erwarten, oder?
Hier 6 Tipps zum Neinsagen (gutes Gewissen inklusive)
- Deine eigene Zeit ist wertvoll. Lies den Satz noch einmal.
- Du musst nicht jedem gefallen. Erstens ist das nicht möglich und zweitens furchtbar anstrengend. Dein Bauch sagt dir, wer dir im Grunde egal ist. Diese Menschen sind ideal, um Neinsagen zu üben.
- Du musst dein Nein nicht rechtfertigen. Nur bei denen, die dir wichtig sind, ist es oft netter, wenn du es kurz begründest.
- Übe bei immer mehr Gelegenheiten, Nein zu sagen. Es wird dir immer leichter fallen. Und wahrscheinlich wirst du feststellen, dass dich trotzdem (oder gerade deswegen?) alle Menschen, die wichtig sind, weiter lieb haben!
- Spiel auf Zeit. Aus dem Reflex heraus wollen wir sofort eine Antwort liefern, obwohl wir die Konsequenzen nicht einschätzen können. Nimm dir Bedenkzeit.
- Ein guter Chef versteht ein gut begründetes Nein. Punkt.
Es geht nicht darum, dass du ein Neinsager aus Prinzip wirst. Das Nein soll dir lediglich als Option zur Verfügung stehen, wenn du eine Sache lieber ablehnen willst. Auf den nächsten Seiten kannst du jedes Nein tracken (und feiern, wenn dir danach ist). Du wirst schnell erkennen, wie befreiend das ist – und wie viel mehr Zeit du für dich und deine Prioritäten hast!
Ach ja, um es abschließend ganz klar zu sagen: Einfach nur nicht Ja sagen bedeutet nicht Nein. Auch ein „Ja okay, dieses eine Mal noch“ ist kein Nein. Nur Nein heißt Nein.
Nein sagen - deine Vorlage zum Reflektieren und Dranbleiben
Diese "Nein sagen"-Vorlage ist Teil des Change Journal. Du kannst sie dir hier herunterladen - zusammen mit den anderen Vorlagen aus dem Journal.